Savage Types hat nicht nur meinen neuen Roman Berserker veröffentlicht, sondern mich auch zu einem Interview gebeten. Hier nun die knallharten Fragen und meine hoffentlich halbwegs sinnvollen Antworten.

Erzähl deinen Lesern ein paar Takte über dich, die man nicht auf deiner Website findet?

Obwohl ich meistens eher düstere, härtere Geschichten schreib (mit Ausnahme meiner Wenkmann & Hillström-Abenteuer), bin ich in Wirklichkeit eigentlich ein ziemlicher Spaßvogel und nehm relativ wenig ernst, manchmal am wenigsten mich selbst.

Ich weiß noch, dass ich in der Schule und in Deutsch meist schlechte Noten hatte. Als meine Lehrerin dann von meinen Ambitionen als Schriftsteller erfahren hat, hat sie das nur ein müdes Lächeln gekostet. Aber die Wahrheit ist: der Deutsch-Unterricht in der Schule hat absolut gar nichts mit Schriftstellerei zu tun.

Außerdem hab ich mal ein Jahr lang Jura studiert, weil ich mir dachte, ich werde hauptberuflich Anwalt (zum Geld verdienen, als Brotjob) und kann quasi nebenbei schreiben. Bald ist mir klar geworden, wenn ich das Studium schaffen will, müsste ich mehr lernen und währenddessen das Schreiben komplett einstellen. Für mich war die Wahl sehr klar und ich hab keinen Moment gezögert und das Studium beendet. Dabei war und ist mir bewusst, dass es aus beruflicher und finanzieller Sicht definitiv die falsche Entscheidung war. Bereut hab ich es nie.

Wann bekommst du die besten Ideen für deine Geschichten und wie entwickeln sie sich?

Das ist sehr verschieden. Manchmal träum ich was und das entwickelt sich zu einer Idee. Manchmal bekomme ich eine Idee beim Lesen oder einer Beobachtung oder schnappe etwas aus einem Gespräch auf. Oft ist es auch etwas aus meinem eigenen Leben, etwas Autobiographisches. Das merkt man den Geschichten meist nicht an, weil es stark verfremdet wird. Es sind nicht immer Sachen, die mir passiert sind, es können auch Stimmungen, Gefühle, Emotionen oder Phasen aus meinem Leben sein, die dann zu einer Geschichte verarbeitet werden.

BERSERKER zum Beispiel hat eigentlich als gegenwärtiger Krimi-Thriller angefangen, über jemanden der dazu erpresst wird Menschen zu töten. Erst beim Probieren, wie sich die Idee zum Beispiel in einem Sci-Fi Setting macht, bin ich dann auf die finale Handlung von BERSERKER gekommen, mit der überfüllten Welt, den verkauften Häftlingen, dem Besitzer, der aus Leo einen Auftragskiller macht, usw.

Ich mag Geschichten, die sich organisch entwickeln. Ich fang daher meistens mit relativ wenig an. Ein paar Figuren, einer Welt, einer Prämisse, einer konkreten Szene oder einem Konflikt. Und dann schreib ich einfach drauf los und schau, wohin sich das entwickelt. Ich weiß am Anfang meistens nicht, was meinen Figuren oder in der Geschichte passieren wird. Ein Ende fällt mir während dem Schreiben ein, aber das ändert sich im Verlauf meistens und nimmt letztlich ein komplett anderes Ende.

Wie sieht dein Schreiballtag aus und wie oft kommst du so zum schreiben? Bzw. wie lange sitzt du an einer Geschichte wie BERSERKER? Und was gefällt dir an BERSERKER am meisten? Der Sex, der Thrill oder die Gewalt?

Also bei einem Roman hab ich ein sehr striktes Pensum, da schreib ich fast jeden Tag dran. Mindestens eine Stunde am Tag, meistens werden es dann aber eher zwei bis drei. Aus Zeitgründen geht das an Wochentagen nur abends, an Wochenenden variiert es, da kann es auch schon mal ein ganzer Tag werden, dass ich an etwas schreibe.

Das geht so lange, bis die erste Fassung fertig ist, die schreib ich meist in einem sehr schnellen, intensiven Durchmarsch. Dann wird eine Weile pausiert, das Manuskript zur Seite gelegt und danach überarbeitet. Auch da gibt’s wieder ein recht fixes Pensum. Mindestens ein Kapitel pro Tag.

Also alles in allem hab ich für BERSERKER ca. ein Jahr gebraucht. Von erster bis zur letzten Fassung, die dann in meinen Augen herzeigbar war.

Am besten in BERSERKER gefällt mir wahrscheinlich der Thrill. Gewalt ist in der Geschichte einfach eine Notwendigkeit, die ich aber auch nicht aussparen wollte. Sie ist wichtig um darzustellen wieso Leo so wird, wie er wird. Und Sex … na ja, Sex ist mir in der Wirklichkeit immer lieber als in der Fiktion 😛

Geh doch bitte noch tiefer auf deine Vorbilder und Lieblingsfilme bez. Bücher ein.

An sich versuche ich mich beim Schreiben von Vorbildern eher zu befreien und fernzuhalten. Sie quasi aus meinen Gedanken zu verbannen. Ich möchte da ja keine ausgetretenen Pfade beschreiten, sondern meinen eigenen Weg finden, ein Original sein. Aber mir ist klar, auch ich bin die Summe all dessen, was ich konsumiert habe.

Neben Jim Thompson, Charles Bukowski und Cormac McCarthy, hat der im deutschsprachigen Raum eher unbekannte Edward Abbey („The Monkey Wrench Gang“, „Desert Solitaire“, „The Fool’s Progress“, u.a.) auf mich persönlich und thematisch einen sehr großen Einfluss. Bei ihm geht es meist um Individuen gegen ein System oder Individuen, die sich in der Gegenwart nicht mehr zurechtfinden, die von der Zeit überholt wurden. Und um den Kampf gegen die Zerstörung der Natur.

Philip K. Dick ist auch immer sehr wichtig. Wie er Atmosphären beschreibt und seine Welten kreiert, die für mich auch viel von Horror-Szenarien und Alpträumen haben. Jack Ketchum ist stilistisch vielleicht einer der stärksten Horror-Autoren. Und Richard Laymon ist einfach enorm spaßig, weil er sich (genau wie Jim Thompson) nix scheißt und schreibt was und wie er will, ganz egal, was andere davon halten. Mit Thompson und Laymon teile ich auch meine recht schlechte Meinung über die menschliche Natur und unser Verhalten als Spezies.

Ganz wichtig im Thriller-Genre sind auch John D. MacDonald, Don Winslow und Joe R. Lansdale.

Konkret bei BERSERKER waren neben Thompson, Bukowski und McCarthy vor allem Laymon und Winslow sehr wichtig. So wie Laymon und Thompson wollte ich schreiben, was und wie ich will, egal, was andere davon halten. Und Winslows Stil ist einfach nur beeindruckend. So knapp, rasant und prägnant, das kann schon was. Aber auch die sozialen Aspekte und gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten eines John Steinbeck und Hans Fallada waren sehr wichtig bei BERSERKER.

Filmisch waren es besonders Sam Peckinpahs „Straw Dogs“ und „Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia“, Stanley Kubricks „Uhrwerk Orange“, der Milos Forman-Klassiker „Einer flog über das Kuckucksnest“ und S. Crag Zahlers unglaublich großartiger „Brawl in Cell Block 99“, für mich einer der besten Filme der letzten Jahre, die eine große Rolle gespielt haben.

Als Schriftsteller wirklich Geld zu verdienen, geschweige denn davon zu leben, ist fast unmöglich in Deutschland – bis auf wenige Ausnahmen. Was treibt dich trotzdem an und kotzt man nicht manchmal ab, wenn man sieht was für ein Zeuch so in den TOP 10 auftaucht?

Ach, es ist auch in Österreich fast unmöglich 😉

Der Antrieb ist relativ leicht erklärt: ich kann einfach nicht anders. Ich muss schreiben. Es ist schlicht eine Notwendigkeit es zu tun. Ich möchte Geschichten schreiben und erzählen, die ich so nicht kenne und noch nicht von anderen gelesen hab. In erster Linie schreib ich von daher zwar zunächst mal alles für mich selbst, aber vor allem deshalb, weil ich auch nie wissen kann, was veröffentlicht wird und was nicht. Aber natürlich möchte ich mit meinen Geschichten Leser erreichen, berühren, verstören, zum Nachdenken anregen und auch immer unterhalten.

Und ja, natürlich frustriert es oft, wenn man so sieht, was sich gut verkauft und stark vermarktet wird. Es ist auch teilweise richtig absurd, wenn für einen neuen Stephen King (den ich sehr gerne lese), Frank Schätzing, Wolf Haas oder Sebastian Fitzek viel Werbung gemacht wird, die es eigentlich gar nicht mehr notwendig hätten, viel beworben zu werden. Während unbekannte Autoren der breiten Öffentlichkeit gar nicht vorgestellt werden.

Wie sollen sich neue und unbekannte Autoren etablieren, wenn sie gar nicht vermarktet, aufgebaut und beworben werden? Was der Leser nicht kennt, kann er auch nicht kaufen und lesen und folglich gut oder schlecht finden.

Das gleiche gilt auch für Literaturkritiken und Buchbesprechungen. In den großen Medien werden meist nur bekannte Autoren besprochen, während neue Autoren um jede Buchbesprechung kämpfen müssen. Dabei gibt es ein ungemein großes Potenzial an spannenden Autoren, die aber schlichtweg kaum jemand kennt, weil man richtig nach ihnen suchen muss. Aber eben, wie soll man das tun, wenn man gar nicht von ihnen weiß?

Für mich scheint das der falsche Weg zu sein, um wirkliches Talent zu entdecken und zu fördern. Um neue Autoren zu etablieren. Weil meist dann nicht das Erfolg hat, was wirklich gut ist, sondern diejenigen Autoren Erfolg haben, die am meisten Twitter-Follower oder Kontakte zur Presse und Medien haben oder sich auf TikTok für jeden Blödsinn hergeben. Es ist wichtiger geworden, die Person Autor zu vermarkten und zur Schau zu stellen, als dass der Autor auch wirklich gute Bücher schreibt und gut erzählen kann.

So, genug gekotzt. Im Endeffekt bringt es auch nichts, sich über den Erfolg anderer zu ärgern. Und für Autoren, die ich kenne oder schätze, freu ich mich eigentlich auch immer. Das wichtigste, was man als Autor tun kann, ist dran bleiben, durchhalten, weiter machen und besser werden.

Was ist für die Zukunft geplant? Schon die nächsten fertigen Manuskripte in der Schublade?

Mein nächster Roman ist so gut wie fertig, das wird diesmal ein Horror-Thriller, allerdings nicht mit übernatürlichen Elementen. Ich finde Horror meistens weitaus schlimmer und angsteinflößender, wenn er von Menschen ausgeht, statt von Monstern oder Geistern.

Außerdem sind zwei Storysammlungen fertig, die gehen eher in Richtung Crime bzw. Kriminalliteratur. Hierbei geht es mir aber nicht um die Perspektive von Ermittlern, die ein Verbrechen aufklären, sondern um Täter und Opfer. Ich finde es faszinierender zu ergründen, was Menschen zu Verbrechern macht, was sie dazu treibt, wie es sich auf sie auswirkt, wie sie danach damit umgehen.

Für die Storysammlungen gibt es schon Interessenten, den Roman hat bisher noch niemand zu Gesicht bekommen.

Danke für deine Zeit und weiterhin viel Erfolg – vor allem mit BERSERKER

Berserker Cover
Berserker ist erschienen als Savage Krauts Band #1, Savage Types 2022